Sonntag, 21. Februar 2016

REVIEW: Until Dawn



Horror, Furcht und Angst, all diese Emotionen haben schon eine sehr lange Tradition in Videospielen. Das erste Spiel, dass es tatsächlich schaffte den Spieler zu gruseln war wohl Alone in the Dark von 1992. Eine echte Revolution erlebte das Genre aber erst 1996 mit dem Capcom Hit Resident Evil, der etliche Spiele inspirierte wie Silent Hill (1999), Eternal Darkness (2002) oder Dead Space (2008). Der subtile Psycho-Horror wurde dann von Indi-Spielen wie Amnesia (2010) oder Slender: the eigh pages (2012) perfektioniert. Zuletzt sorgte Resident Evil Schöpfer Shinji Mikami mit The Evil Within (2014) für einen perfiden und blutigen Überlebenstrip. Nun schicken sich Supermassive Games, die Entwickler von Little Big Planet, an in neue Dimensionen des Survival-Horrors vorzudringen. Der Playstation 4 Exklusivtitel Until Dawn wurde im August diesen Jahres auf die Spieler losgelassen und in diesem Review möchte ich Euch dieses außergewöhnliche Spieleerlebnis vorstellen.
Die Geschichte von Until Dawn beginnt wie in einem klischeehaften Slasher-Film. 10 junge Erwachsene feiern auf einer abgelegenen Blockhütte in den Bergen eine Party. Die Blockhütte gehört der Familie Washington, der gleich 3 der 10 Twens angehören, die Schwestern Beth und Hanna, sowie ihr Bruder Josh. Die Gruppe spielt Hanna aber einen bösen Streich, wobei sie schlagartig die Hütte verlässt und in den Wald rennt. Ihre Schwester Beth folgt ihr auf dem Fuß und beide Frauen verunglücken tödlich unter ungeklärten Umständen. Genau 1 Jahr später trifft sich die Gruppe erneut auf der Blockhütte. Initiator des Treffens ist Josh, der in Gedenken an seine beiden verstorbenen Geschwister eine Party organisieren will. Ab diesem Zeitpunkt greifen wir als Spieler aktiv in das Geschehen ein und treffen auf 8 sehr individuelle Persönlichkeiten.

Den eingangs erwähnten Josh,
die sehr gewissenhafte Sam, Hannas beste Freundin,
den nerdigen und etwas zurückhaltenden Chris,
Ashley, die in Chris verliebt ist,
den Playboy Mike,
dessen Freundin und Cheerleaderin Jessica,
die zickige Asiatin Emily und Ex-Freundin von Mike,
und ihren neuen Freund, den farbigen Footballspieler Matt.

Alle haben den tragischen Tod der Geschwister mehr oder weniger gut verarbeitet, sind der Einladung von Josh aber ohne zu zögern gefolgt. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft kommt es zu merkwürdigen Zwischenfällen. Nicht-menschliche Schreie aus Wald, eine gruselige Seance, eine beunruhigende Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Nach und nach merken die Charaktere, dass etwas nicht stimmt, bis es zum ersten, tragischen Übergriff kommt und die jungen Leute um ihr Überleben kämpfen müssen - bis zum Morgengrauen.

 Zu Anfang ist die Gruppe noch relativ unbekümmert, doch das ändert sich schnell.

Ich möchte nicht zu viel von der Story verraten, da hier eine der großen Stärken von Until Dawn liegt. Die Autoren Larry Fessenden und Graham Reznick greifen nahezu jedes Klischee aus bekannten Horrorfilmen wie Scream, SAW oder Freitag der 13 auf und mixen daraus ein spannendes Potpourri und schüren die Erwartungen der Spieler. Denn am Anfang scheint es so, als würde die Handlung nach dem bekannten Muster der oben genannten Filme ablaufen, doch ab der Hälfte der Spielzeit nimmt die Geschichte eine dramatische Wendung. Sämtliche Erwartungen werden über den Haufen geworfen und die Handlung verläuft in eine ganz andere Richtung. Eine ähnliche Wandlung erleben wir bei den oben genannten Charakteren. Jeder von ihnen gleicht einem Abziehbild von typischen Charakteren in einem Horrorfilm. Aber auch hier kann Until Dawn überraschen, denn das Spiel nimmt sich die Zeit, um seinen Charakteren die nötige Tiefe zu verleihen. So wird aus dem Anfangs ziemlich unsympathischen Playboy und Schönling Mike, hinterher ein richtiger Held, der echten Mut beweist. Diese Bindung zu den Charakteren ist dabei enorm wichtig, denn das Ziel von Until Dawn ist es, so vielen Charakteren wie möglich das Überleben zu ermöglichen. Das Kernelement dafür ist der sogenannte Schmetterlingseffekt.
Spätestens seit dem Film Butterfly Effect mit Ashton Kutcher, sollte der namensgebende Schmetterlingseffekt eigentlich Jedem ein Begriff sein. In der Theorie geht man davon aus, dass jede Handlung weitreichende Folgen hat. Das bekannte Bild dafür ist der Schlag eines Schmetterlingsflügels, der am anderen Ende des Erdballs einen Tornado auslösen kann. Until Dawn veranschaulicht diesen Effekt in einem eigenen Menü. Wird eine entscheidende Szene im Spiel absolviert, schaltet sich ein neuer Schmetterlingseffekt frei. Im entsprechenden Menü, kann man nun seine Handlungen und deren Folgen nachvollziehen und für einen späteren, erneuten Spieldurchgang überdenken. So muss sich der Spieler zum Beispiel zwischen unterschiedlichen Dialogoptionen entscheiden. Ein Beispiel: Bei Ankunft in der Lodge geraten Emily und Jessica in einen heftigen Streit, in dem es natürlich um Mike geht. Als Emilys Freund Matt, haben wir nun die Möglichkeit in den Streit einzugreifen. Je nachdem wie wir uns entscheiden, wird die Beziehung zu Emily negativ oder positiv beeinflusst.

 Zwischen den Kapiteln, findet man sich im Behandlungsraum eines zwielichtigen Psychiaters wieder.

eilweise reagieren die Charaktere in einem späteren Abschnitt komplett anders, je nachdem welche Entscheidung man getroffen hat. Noch wichtiger und weitreichender sind natürlich die Entscheidungen, die man treffen muss wenn sich die Charaktere in Gefahrensituationen befinden. Verstecken oder Weglaufen? Den schnellen, aber unsicheren Weg oder den längeren Weg ohne Gefahren nehmen? Teilweise muss man solche Entscheidungen auch unter massiven Zeitdruck treffen und an manchen Stellen winkt bei falscher Entscheidung tatsächlich der Tod eines Charakteres. Zusätzlich zu den Entscheidungen beeinflussen auch Quick Time Events über Tod oder Überleben. Wenn ein Charakter eine steile Felswand erklimmen möchte, kann man sich schon mal auf einige Reaktionstests gefasst machen. Die Mechanik des Schmetterlingseffekts setzt Until Dawn perfekt um. Nahezu jede Entscheidung des Spielers hat tatsächlich Auswirkungen, die für den Spieler auch spürbar sind. Viele aktuelle Games suggerieren dem Spieler nur, dass seine Entscheidungen auch tatsächlich von Bedeutung sind – anders bei Until Dawn. Habt Ihr Euch nicht auch schon mal über die unlogischen Entscheidungen der Charaktere in Horrorfilmen aufgeregt? Jetzt habt ihr die Chance es besser zu machen, wobei ich mich das eine oder andere Mal erwischt habe, es auch nicht viel besser zu machen!

 Jede Entscheidung des Spielers hat nachhaltige Konsequenzen - mal mehr und mal weniger dramatisch!

Wenn wir bei Until Dawn aber über einen spielabren Horrorstreifen sprechen, stellt sich zwangsläufig die Frage, wie gruselig Until Dawn eigentlich ist.
Die kurze Antwort: SEHR gruselig! Das Spiel beginnt in den Abendstunden und läuft quasi in Echtzeit bis zum Morgengrauen. Das bedeutet, das es in der Regel stockdunkel ist und nur kleinere Lichtquellen die Szenen beleuchtet. Meistens sind das Taschen- bzw Handylampen oder alte Ölleuchten. Dadurch entsteht ein gruseliges Schattenspiel. Gepaart mit knarrenden und quietschenden Geräuschen oder dem Heulen des Windes entsteht so pauschal eine sehr angespannte Atmosphäre, die auch durch die musikalische Atmosphäre perfekt ergänzt wird. Until Dawn spielt mit den Erwartungen der Spieler und platziert gut dosiert Schockeffekte, wobei auch hier eine enorme Spannungskurve zu verzeichnen ist. Eine perfide Art mit den Ängsten der Spieler zu hantieren, schafft Until Dawn mit den Sequenzen beim Psychiater Dr. Hill. Momente, Psychiater? Ja genau! Zwischen jedem Kapitel befindet sich der Spieler auf einmal in der Praxis des Psychiaters Dr. Hill. Dort bekommt der Spieler Fragen gestellt, die sich mit Ängsten beschäftigen. Oft muss der Spieler unterschiedliche Bilder bewerten z.B. wovor er sich fürchtet. Das Spiel greift diese Antworten auf und ändert Szenen im Detail - eine großartige Idee! Die surrealen Szenen bei Dr. Hill stehen als krasser Gegensatz zum restlichen Spiel und sorgen für zusätzliche Anspannung. An dieser Stelle sei auch gesagt, das Until Dawn teils sehr explizite Gewaltdarstellung hat, die nichts für schwache Gemüter sind.

Until Dawn befand sich sehr lange in der Entwicklung und sollte ursprünglich sogar für die PS3 erscheinen. Nun könnte man meinen, dass das Spiel technisch noch auf dem Niveau der letzten Konsolengeneration ist, oder nur oberflächlich aufpoliert wurde. Weit gefehlt! ntil Dawn gehört ohne Zweifel zu den schönsten Spielen für Sonys Playstation und der aktuellen Konsolengeneration. Die Animationen der Charaktere ist fantastisch, vor allem die Gesichter und deren Mimik erzeugt eine perfekte Illusion. Dies beruht auch auf der Tatsache, dass alle Charaktere echten Schauspielern anchempfunden wurden. Tatsächlich hat man den einen oder anderen Charakter auch schonmal im TV gesehen, z.B. Sam´s alter Ego Hayden Penetierre die man aus der Serie Heroes kennt. Auch die Umgebung sieht umwerfend aus. Das Panorama mit verschneiten Bergen, Nadelwäldern, Schneewehen und Wetterleuchten lässt einen fasst vergessen, dass man sich in einem nackten Überlebenskampf befindet. Die grafischen Möglichkeiten werden genutzt, um das gesamte Spiel wie einen Film wirken zu lassen. Schon der grandiose Vorspann, aufgebaut wie bei einem Film, untermalt mit einem grandiosen Song, lässt den Spieler fasst vergessen, dass er gerade ein Videospiel spielt. Dazu kommen etliche Stilelemente, die normalerweise nur ihren Einsatz im Medium des Films haben. Hier spreche ich z.B. von unterschiedlichenKameraeinstellungen oder Lichteffekten. Ich verspreche an dieser Stelle auch: Ein Zuschauer wird bei Until Dawn ebenso perfekt unterhalten, wie Derjenige der gerade das Pad in der Hand hält.

 Die gefundenen Totems weisen den Weg, warnen vor Gefahren oder zeigen Fluchtwege.
 
Gibt es an Until Dawn eigentlich auch Kritikpunkte? Ja, aber die muss man wirklich mit der sprichwörtlichen Lupe suchen. Die Steuerung ist manchmal etwas hackelig, besonders wenn man in sehr engen Räumlichkeiten unterwegs ist. Die Tatsache, dass man fast jeden Handgriff der Figuren mit seinem Pad nachstellen muss, kann man dagegen unterschiedlich bewerten. Ich fand es ganz gut umgesetzt, während ein anderer Spieler aus meinem Freundeskreis es eher als nervig empfand. Weiterhin könnte man Until Dawn vorwerfen, dass es zuviel interaktiver Film, als echtes Spiel ist. Hier muss ich allerdings widersprechen. Im Vergleich zu ähnlichen Spielen, wie z.B. die Telltale Games, hat Until Dawn sehr viele Elemente eines Videospiels. Die meiste Zeit bewegt man seinen Charakter selber durch die düsteren Szenen, nur selten wird eine automatische Bewegung abgespult, meistens bei Fluchtsequenzen. Hier wird der Spieler aber durch Quick Time Events und schnellen Entscheidungen gefordert und wird nicht zum stummen Zuschauer. Auch die mit ca. 8 Stunden eher kurze Spieldauer, lässt sich dadurch relativieren, das Until Dawn ein Spiel ist, was man ohne Probleme mehrfach durchspielen kann und will. Allein schon um unterschiedliche Enden zu sehen, vielleicht doch bessere Entscheidungen zu treffen oder um weitere Hinweise zu sammeln, die die gesamte Geschichte enthüllen.

Mein persönliches Fazit fällt daher sehr positiv aus. Until Dawn ist ein außergewöhnliches Spiel, welches den Spieler packt und bis zum Ende nicht mehr loslässt. Natürlich ist das gruselige Szenario, die Schockeffekte und die teilweise explizite Gewaltdarstellung nicht für Jedermann, aber wer sich auch nur ansatzweise mit Horror- und Gruselfilmen anfreunden kann, für den wird Until Dawn ein Fest. Für mich das bisher beste Spiel für die Playstation 4 und auf jedem Fall ein Kaufgrund für Sonys schwarze Kiste!



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