Freitag, 25. März 2016

REVIEW: Mirai Nikki



Die Genrevielfalt im Anime ist fast schon grenzenlos und der Output im Land der aufgehenden Sonne ist so groß, wie in westlichen Gefilden "normale" Serien produziert werden. Da kommt man als Fan manchmal nur schwer hinterher und auch wenn ich mich schon sehr lange mit dem Thema beschäftige, entdecke ich immer wieder neue und interessante Animes, die relativ unbekannt sind. Mirai Nikki gehört ohne Zweifel dazu, zumindest ist mein Eindruck, dass der Anime eher ein Geheimtipp für Insider darstellt. Auch ich bin nur durch Zufall auf Mirai Nikki aufmerksam geworden und der sehr interessante und unkoventionelle Plot, hat mir sofort gefallen. Da der Anime bisher kein deutsches Release hat und dieses auch in naher Zukunft nicht angedacht ist, griff ich auf das englische Release zurück. Innerhalb kürzester Zeit, habe ich die 26 Folgen verschlungen und möchte Euch nun meinen Eindruck in diesem Review schildern.

 Yukiteru Amano ist ein stiller, in sich gekehrter Junge,der zum Mittelpunkt der Geschehnisse in Mirai Nikki wird.

Die Geschichte dreht sich um den Schüler Yukiteru Amano. Der in sich gekehrte Junge ist ein Außenseiter und tut sich sehr schwer damit, soziale Kontakte zu knüpfen. Auf seinem Handy führt Yukiteru ein Tagebuch, in dem er detailliert alle Ereignisse dokumentiert, die um ihn herum passieren - so banal diese auch sein mögen. Freunde hat Yukiteru keine, stattdessen flüchtet er sich in seinem Zimmer regelmäßig in eine eingebildete Fantasiewelt und spricht dort mit dem Gott von Zeit und Raum, Deus Ex Machine genannt. Yukiteru glaubt, dass es sich dabei um einen imaginären Gesprächspartner handelt, doch eines Tages teilt im der Gott mit, dass er tatsächlich existiert und ein Spiel veranstalten möchte, bei dem auch Yukiteru eine wichtige Rolle spielen soll. Deus Ex Machina verleit dem Handy-Tagebuch von Yukiteru die Fähigkeit, die Zukunft voraus zu sagen. Als die im Handy dokumentierten Ereignisse am nächsten Morgen tatsächlich eintreten, wird Yukiteru bewusst, dass er sich den Gott von Zeit und Raum nicht nur eingebildet hat. Yukiteru ist begeistert von der neuen Fähigkeit seines Handys und nutzt diese sofort, um in der nächsten Klassenarbeit 100 Punkte zu erziehlen. Doch der anfänglichen Begeisterung wird schnell ein Dämpfer versetzt, als sich Deus Ex erneut meldet. Er teilt Yukiteru die Regeln und den Ablauf seines bereits angesprochenen Spiels mit. Das Handy ist ein sogenanntes Mirai Nikki (Zukunftstagebuch) und ab sofort eng mit Yukiterus Schicksal verknüpft. Geht das Handy kaputt oder wird zerstört, so ist auch Yukiterus Leben sofort beendet. Mit dem Jungen zusammen haben insgesamt 12 Menschen von Deus Ex solche Zukunftstagebücher erhalten. In einem Battle Royal sollen sich die Besitzer gegenseitig ausfindig machen und töten, damit am Ende nur ein Teilnehmer übrig bleibt. Dieser wird die Nachfolge von Deus Ex antreten und Gott über Zeit und Raum werden. 

Yukiteru ist völlig schockiert und glaubt zuerst nicht, was er da gesagt bekommt. Nach der Offenbarung durch Deus Ex befindet er sich wieder in seinem Klassenzimmer. Kurz darauf ändern sich die Einträge in seinem Zukunftstagebuch und er bekommt angezeigt, dass er von einem anderen Teilnehmer getötet wird und das für ihn das "Dead End" bedeutet. Yukiteru gerät in Panik und rennt davon, wird aber von einer Klassenkameradin namens Yuno Gasai verfolgt. Yuno teilt ihm mit, dass sie selber ein Zukunftstagebuch besitzt, dass Yukiteru sich aber keine Sorgen machen soll. Yuno ist nämlich eine Stalkerin und unsterblich in Yukiteru verliebt. In ihr Tagebuch hat sie alles notiert, was Yukiteru macht und mit dieser Fähigkeit will sie ihn auf jeden Fall vor den anderen 10 Tagebuchbesitzern beschützen. Kurz darauf taucht auch schon der nächste Tagebuchbesitzer auf und will Yukiteru und Yuno mit den Fähigkeiten seines Mirai Nikkis überlisten und töten - das Spiel beginnt...

 Die weibliche Hauptfigur ist Yuno Gasai und sie ist in Yukiteru verliebt. Um ihn zu beschützen geht sie sogar über leichen.

Mirai Mikki punktet zuallererst natürlich mit dem sehr ungewöhnlichen Setting und dem Plot der Geschichte. Natürlich gab es schon vorher das Battle Royal Thema, welches ja auch in den sehr populären Tribute von Panem Büchern und Filmen als Grundlage dient. Das ganze mit Zukunftstagebüchern zu verbinden ist allerdings neu und ist die Grundlage für die unzähligen spannenden Auseinandersetzungen. Da jedes Tagebuch der 12 Teilnehmer unterschiedliche Fähigkeiten besitzt, ist zum Anfang einer neuen Begegnung bzw einer neuen Auseinandersetzung nie klar, wie diese sich entwickelt. Auch Yuno und Yukiteru müssen sich immer neue Strategien einfallen lassen, um ihre Mitschreiter zu überlisten. Diese sind teilweise so meisterlich ausgetüftelt und für den Zuschauer überraschend, dass sie an die Aktionen von Anime-Masterminds wie Light Yagami oder Lelouch Lamperouge erinnern. Yukiteru nimmt dabei, besonders in der ersten Hälfte von Mirai Nikki, eine sehr passive Rolle ein und lässt sich von Yuno beschützen. Er ist ein sehr weinerlicher und fast schon hilfloser Charakter, der mit der Situation völlig überfordert ist. Am Anfang muss ich zugeben, dass mich seine Art einfach nur genervt hat. Man möchte ihm in jeder Folge einfach nur ins Gesicht brüllen "Jetzt reiß Dich mal zusammen und verhalte Dich ansatzweise wie ein Mann!". Zum Glück macht der Charakter des Yukiterus im Verlauf der Serie eine nachvollziehbare Entwicklung durch. Zum Ende hin ist er sogar bereit, andere Charaktere für seine Zweckse auszunutzen und seine Ziele über alles Andere zu stellen. Trotzdem bleibt er für den Zuschauer der Charaktere, dessen Handlungen man weitestgehend nachvollziehen kann. Und dann haben wir Yuno, wahrscheinlich einen der am besten ausgearbeitesten und interessantesten Anime Charaktere überhaupt. Das süße Mädchen wirkt optisch wie die Unschuld selbst, doch wenn es darum geht Yukiteru zu beschützen verwandelt sie sich in einen wahren Beserker und geht sogar über Leichen. Das Yuno dabei sämtliche ethischen und gesellschaftlichen Grenzen übertritt sollte klar sein. Yuno ist ein sehr ambivalenter Charakter und genau das macht sie so interessant. Sie ist süß und niedlich und wirkt in manchen Situationen schon fast unschuldig. Doch im Kapf überzeugt sie durch große Intelligenz, Gerissenheit und Schläue. Und wenn es schlussendlich darum geht, Yukiteru zu beschützen, zeigt sich ihre gestörte uns psychotische Seite, denn dann tickt Yuno völlig aus. Genau diese bipolare Gradwanderun zwischen Undschuld und Wahnsinn, ist es, die den Charakter so interessant machen. Auch ich war beim Schauen des Animes immer wieder hin- und her gerissen, zwischen Faszination und Abscheu.

Manche der anderen Tagebuchbesitzer nehmen eine größere Rolle in den Ereignissen ein, wie Minene Uryu. 


Neben den beiden Hauptprotagonisten, stellt Mirai Nikki noch eine Fülle an anderen Charakteren vor. Allein die anderen Tagebuchbesitzer sind teilweise an Skurrilität kaum zu überbieten. Hinzu kommen noch Charaktere aus Yukiterus Umfeld, wie seine Eltern oder Klassenkameraden. Auch wenn alle Figuren interessant sind, so haben manche von ihnen nur wenig Bildschirmzeit und dienen eher als Kanonenfutter oder um die Handlung voran zu treiben. Trotzdem bekommt jeder von ihnen eine Hintergrundgeschichte spendiert, damit der Zuschauer zumindest im Ansatz die Handlungen und Motive der Figur verstehen kann. Einige Charaktere wie Minene Uryu, die neunte Besitzerin eines der Zukunftstagebücher, werden allerdings zu tragenden und wichtigen Figuren für die Handlung.
Zusammen mit Story, ist die Vielzahl an unkonventionellen Charakteren eine große Stärke von Mirai Nikki.

Wenn man mich fragt, in welches Genre man Mirai Nikki stecken soll, kann ich ehrlich gesagt keine klare Antwort geben. Als Oberbegriff kann man sicher Thriller benennen, jedoch ist Mirai Nikki so viel mehr. Da gibt es natürlich die actiongeladenen Kämpfe, die sehr wuchtig und schnell inszeniert sind. Außerdem ist Mirai Nikki sehr brutal, so dass man fast schon den Begriff Splatter nennen muss. Literweise Blut und abgetrennte Körperteile gibt es ebenso zu sehen, wie eine ziemlich eklige Szene mit einem Dartpfeil und einem Auge. Allein der Charakter Yuno schreit natürlich nach Schlagwörtern wie Psycho und Horror, weil sie genau diese Gefühle mehr als einmal beim Zuschauer auslöst. Die dunkle und bedrohliche Atmosphäre, die hier teilweise auf den Plan tritt, überflutet den Zuschauer an manchen stellen wie eine große Welle. Und dann gibt es wieder diese süßen romantischen Momente zwischen Yuno und Yukiteru, oder aber klassische Comedy Elemente, die die Stimmung genau an den richtigen Stellen auflockern. Damit möchte ich einfach nur sagen: Mirai Nikki ist Abwechslung pur und überrascht den Zuschauer immer wieder auf´s neue.

Weit aufgerissene und leere Augen. Yuno verfällt mal wieder in einen Blutrausch.

Für die Animationen in Mirai Nikki zeigt sich das Studio Asread verantwortlich, die z.B. auch an Sword Art Online mitgearbeitet haben. Das Studio hat ganze Arbeit geleistet und Mirai Nikki ist in vielen Belangen ein optischer Hochgenuss. Da wäre zuerst einmal die Charaktere, die sehr detailliert ausgearbeitet wurden und überzeugende Animationen spendiert bekommen haben. Generell sind die Bewegungen auch in schnellen Sequenzen immer flüssig und nie abheackt. Ein besonderes Highlight sind die Augen der Charaktere, da über diese sehr viele Emotionen transportiert werden. Dies gelingt in Mirai Nikki unglaublich gut. Auch hier kann man wieder Yuno als Beispiel nehmen. Wenn sie sich binnen Sekunden vom zuckersüßen Mädchen, zur blutrünstigen Psychopatin wandelt, sind es meist nur eine Veränderung der Augen, die diese Verwandlung grandios unterstreichen. Auch die Blut- und Splattereffekte wurden großartig dargestellt und wirken sehr plastisch und eklig. Genau so soll es sein, um die gewünschten Gefühle von Ekel und Abscheu beim Zuschauer hervorzurufen.

Bei der musikalischen Untermalung gibt es ebenfalls nichts zu meckern. Mirai Nikki bietet zwei Openings, die packend, aber auch passend zum Anime sehr ungewöhnlich sind. Die restlichen Stücke passen sich immer an das Geschehen an und unterstreichen die aktuelle Atmosphäre perfekt. Da es wie gesagt keine deutsche Version gibt, kann ich nur die japanischen Originalsprecher beurteilen. Diese machen ihre Sache sehr gut, auch wenn Yukiteru mit seiner sehr hohen und Stimme manchmal echt nerven kann. Doch auch das passt irgendwie zum Charakter. Ein großes Lob geht an die englischen Untertitel von Kazé. Denn in Mirai Nikki ist es nicht unwichtig zu wissen, was genau auf den Displays der Handys der einzelnen Charaktere steht, da sich die Einträge ja mit jeder Aktion der Charaktere ändern. Hier wurden die Einträge in einem separaten Fenster übersetzt, welches einem Handydisplay nachempfunden wurde. Allerdings musste ich manchmal auf Pause drücken, um die Fülle an Informationen auch lesen zu können.

Fazit: Mirai Nikki ist ein in jeder Hinsicht außergewöhnlicher Anime. Das Setting und die Geschichte sind unverbraucht und fesseln den Zuschauer ab der ersten Sekunde. Die Charaktere sind weit weg vom Einheitsbrei und durch ihre Hintergrundgeschichten, sind ihre Handlungen stehts nachvollziehbar. Die Animationen und generell die audiovisuelle Gestaltung ist großartig. Doch Mirai Nikki ist nichts für schwache Nerven, den Spannung und Splatter liegen an der Tagesordnung. Die Charaktere leiden nahezu in jeder Folge und so ist das Verlangen des Zuschauers nach einem Happy End nur umso größer. Und auch hier enttäuscht Mirai Nikki nicht, das Ende bleibt der Linie des Animes treu, ist mutig und dennoch für den Zuschauer zufriedenstellend.



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